Ein Schulhaus mit Wäscherei

Artikel-Serie zur Historie von Schulhäusern in Schannenbach/Knoden von Walter Koepff

Zu einem attraktiven Ortseingang hat sich das Schannenbacher Dorfgemeinschaftshaus zusammen mit dem Feuerwehrgerätehaus und seinen Außenanlagen dank des unermüdlichen Einsatzes der Bürger entwickelt. koe/Bild: koe

Die wechselvolle Geschichte der Bildungseinrichtungen für Schannenbach und Knoden mit Breitenwiesen erreichte mit dem Bau des Dorfgemeinschaftshauses am Ortseingang von Schannenbach 1957 ihren Endpunkt. Nachzulesen ist die ganze Geschichte in der sehr informativen Chronik von Hermann Bauer, „Ein Dorf im Odenwald – Schannenbach“. Die Idee einer gemeinsamen Schule für die heutigen Oberdörfer Lautertals war schon 1874 durch das Kreisamt aufgegriffen worden, da die Schulhäuser in Knoden und Schannenbach den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr genügten. Zwischen den beiden Dörfern sollte ein neues Schulhaus errichtet werden. Wie in unseren bisherigen Berichten zu den Schulen in Schannenbach und Knoden zu lesen war, wurde die Idee erst über 60 Jahre später verwirklicht.

Das Schannenbacher Schulhaus wurde etwa ab1955 überwiegend als Wohnhaus benutzt und das alte Gegenstück in Knoden wurde ab 1938 von allen Schülerinnen und Schülern aus den drei Dörfern besucht. Der damalige Schulleiter Erich Fuchs und seine Familie hatten mit den baulichen Unzulänglichkeiten zu kämpfen, die trotz verschiedener Umbaumaßnahmen nach wie vor bestanden. Dem Schulleiter sowie dem damaligen Bürgermeister Peter Bauer war klar, dass es wenig Sinn mache, in die alten Fachwerkhäuser weiterhin Geld zu stecken. So wurde die Idee eines Dorfgemeinschaftshauses mit einem Klassenzimmer zwischen Knoden und Schannenbach geboren. Diese fand die Unterstützung durch den damaligen Landrat Ekkehard Lommel. Nach einem Besuch von Vertretern der Schulbehörde und der Hessischen Landesregierung wurde entschieden, ein solches Gebäude mit Lehrerwohnung und Platz für die Schannenbacher Feuerwehr zu errichten. Der Standort wurde so gewählt, dass er für alle Kinder zu Fuß zu erreichen war. Die Gemeinde Schannenbach kaufte das Gelände. Das Projekt wurde im Rahmen des Programms „Soziale Aufrüstung des Dorfes“ erstellt.

Autor Hermann Bauer listete den gesamten Raumplan in seiner Chronik auf, der mit dem Gemeinschaftsraum „mit Fernsehanschluss“ 59 Quadratmeter groß werden sollte. Das Klassenzimmer wies nur 39 Quadratmeter auf. Insgesamt wurde sehr sparsam geplant. Nur doppelt so groß wie die Herrentoiletten –die der Damen hatten nur vier Quadratmeter – war der Arbeitsraum des Bürgermeisters mit 16 Quadratmetern. Eine Besonderheit war eine Wäscherei sowie ein Gemeinschaftsbad mit je zwei Wannen- und Duschbädern. Erneut bestand das Problem, dass die Handwerkerarbeiten nicht an örtliche Betriebe übergeben werden konnten, da solche in den Dörfern nicht existierten. Lang ist die Liste der Ortsbürger aus Schannenbach, Knoden und Breitenwiesen, die ihre Arbeitskraft in das Projekt Dorfgemeinschaftshaus steckten. Die 54 Personen erbrachten eine Leistung, die in der Schlussabrechnung von 175 800 DM mit 8000 DM aufgelistet ist. Im Herbst 1957 fanden die Bauarbeiten mit dem Einbau der Küche und dem von Peter Benker gebauten Glockentürmchen ihren Abschluss. Selbst für „Kunst am Bau“ waren noch 1400 DM übrig. Diesen Betrag erhielt Hans Kohl aus Heppenheim für sein Sgraffito an der Nordwand. Dort schauen heute noch zwei wandernde Kinder Störchen nach.

Den Zeitgeist der Erbauungszeit des Schannenbacher Dorfgemeinschaftshaus (1957) spiegelt das Sgraffito an der Nordwand wider. Geschaffen worden war es für 1400 DM von Hans Kohl aus Heppenheim. koe/Bild: koe

Natürlich musste das historische Ereignis, die Einweihung des Dorfgemeinschaftshauses, in würdigem Rahmen gefeiert werden. Wie Hermann Bauer notiert hat, wurden vierhundert Einladungskarten für die Feier am 27.Oktober 1957 verschickt. Nicht nur das neue Haus war festlich geschmückt, auch ein beheiztes Festzelt war für die vielen Gäste aufgestellt worden. Mit der Einweihung verbunden war auch Übergabe einer für 63 000 DM neu erbauten Asphaltstraße von Knoden nach Schannenbach. Die Presse berichtete damals: „mit Wirtschaftsminister Gotthard Franke und Landrat Dr. Lommel waren viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens versammelt. Man sah nur fröhliche Gesichter, vor allem bei den Einheimischen, die ihre Genugtuung über das bei ihnen Gewordene nicht verhehlten“. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der Kapelle Bitsch-Knapp (Bensheim) und dem MGV Liederkranz Seidenbuch. In seiner Ansprache dankte Bürgermeister Peter Bauer allen Beteiligten an diesem Werk, das „er als Markstein in der Geschichte der beiden Gemeinden“ bezeichnete. „Die Zukunft werde zeigen, daß die Gemeindevertretungen und die Verwaltung richtig gehandelt haben.“ Er betonte noch, „es sei wichtiger, ein solches Werk zu errichten, als Kasernen und Düsenjäger zu bauen. Möge in das Haus der Geist der Völkerverständigung und der Geist des Friedens einziehen.“

Das Haus, wurde laut Chronist Hermann Bauer von der Bevölkerung gut angenommen. Die Wäscherei warf sogar Gewinn ab und dank vieler Spenden konnte ein Fernsehgerät angeschafft werden. Bald wurden die Räumlichkeiten auch für Familienfeiern genutzt sowie für monatliche Gottesdienste.

Nach der Nutzung des Dorfgemeinschaftshauses als Schule konnten die ehemaligen Schulgebäude verkauft werden. Der Odenwaldclub erwarb die Knodener Schule und baute es zu seinem Wanderheim aus. Das Schannenbacher Gebäude wurde zu einem reinen Wohnhaus. Bis in den Herbst 1970 erfüllten Schulkinder das Schannenbacher Gemeinschaftshaus mit Leben. Bedingt durch die damalige Schulreform mussten die Schüler aus den Oberdörfern Lautertals die neue Mittelpunktschule in Gadernheim besuchen.

Mit der Gebietsreform 1972 verloren die Dörfer am Fuße des Krehberges ihre Selbstständigkeit und wurden Ortsteile von Lautertal. Wegen notwendiger Investitionen für die Wäscherei kam es zu einem längeren Streit mit der Lautertaler Gemeindeverwaltung und endete am 5. Juli 1984 mit dem Gemeindevertreterbeschluss, die Wäscherei zu schließen. Zusammen mit der Feuerwehr und dem Verschönerungsverein machte der Ortsbeirat das Beste aus dem Verlust der Wäscherei und vergrößerte mit dem freigewordenen Platz den Gemeinschaftsraum und die Küche. Eine neue Heizungsanlage wurde eingebaut und die Fenster durch neue ersetzt. Bis heute pflegen die Schannenbacher Bürger gemeinschaftlich ihr Kleinod. Vor allem für die Feuerwehr wurde mehr Platz geschaffen. Die freigewordene ehemalige Lehrerwohnung konnte hierzu verwendet werden. Wenn auch die Bildungseinrichtungen Schannenbach und Knoden verlassen haben, so hat sich das ständige Bemühen in den vergangenen 160 Jahren um ein Schulangebot gelohnt, zumal durch neuerliche Anstrengungen das Gelände um das Dorfgemeinschaftshaus weiter aufgewertet und das Ortsbild attraktiver gemacht wird. Mit etwas Glück kann man noch ein Exemplar von Herman Bauers Chronik, „Ein Dorf im Odenwald – Schannenbach“, im Lautertaler Rathaus oder bei Schannenbacher Bürger erstehen. koe