Endlich ein Schulhaus mit Garten

Artikel-Serie zur Historie von Schulhäusern in Schannenbach/Knoden von Walter Koepff

Nur geringfügige Veränderungen hat das Anwesen im Grund 2 im Laufe der Jahrzehnte erfahren. Nur das Dach wurde komplett erneuert. Aber die Fenster sind in Anzahl und Grüße unverändert. Der aus Feldsteinen gemauerte Keller wurde mit einem Verputz versehen. Fas schmucke Gebäude ist ein echter Hingucker in dem Lautertaler Ortsteil. Verschwunden ist der kleine Glockenturm samt Glocke. Diese läutet jedoch immer noch und zwar auf dem Dorfgemeinschaftshaus, Foto: koe

In unserer ersten Folge zu Schulgebäuden in Schannenbach und Knoden stellten wir das Gebäude Krehbergstraße 519 vor, das als das erste Schul- und Armenhaus in Schannenbach erbaut und genutzt wurde. Auch das benachbarte Knoden bemühte sich um eine Bildungsstätte, wie Hermann Bauer in seiner umfassenden Chronik „Ein Dorf im Odenwald – Schannenbach“ berichtet. So wurde im März 1863 ein Gebäude gekauft, das leider kein Außengelände besaß. Für stolze 2111 Gulden wechselte das Haus seine Besitzer. Diese waren die Familien Johannes Bitsch sowie Adam Reinig. Die Gemeinde Knoden hatte den sofort zu zahlenden Kaufpreis nicht flüssig und musste deshalb 1626 Gulden leihen. „Die Abtragung des Kapitals geschieht so wie es das Gemeinde-Budget erlaubt“, war in dem Schuldschein festgeschrieben worden.

ehemaliges Schulhaus mit Glockenturm, Repro: koe

In Schannenbach war, wie berichtet das Schul- und Armenhaus 1871 für 300 Gulden versteigert worden. Das zweite als Schule genutzte Gebäude sollte das Anwesen „Im Grund 2“ werden. Der Kauf dieses Hauses 1871 war, wie Hermann Bauer herausgefunden hatte, mit der dort wohnenden Familie des Bürgermeisters Peter Rettig I. eng verbunden. Rettig heiratete als 23-Jähriger 1824 Anna Barbara Eberle aus Linnenbach. Sie starb nach kinderloser Ehe. Im Alter von 54 Jahren, damals war er bereit 13 Jahre Großherzoglicher Bürgermeister von Schannenbach und Knoden mit Breitenwiesen, heiratete Rettig die 33-jährige Maria Margaretha Steinmann aus Gronau. Sohn Peter und Vater Peter Rettig I. starben beide im Jahre 1865. Sechs Jahre später verstarb auch die Bürgermeisterwitwe, so dass das elfjährige Töchterchen Anna Margaretha Vollwaise wurde. Nachbar Peter Rettig II. (Im Grund 1), seit 1865 Amtsnachfolger von Peter Rettig I., wurde Pflegevater von der kleinen Anna Margaretha und Nachlassverwalter. Bei der Ermittlung des Nachlasswertes kam man auf einen Schätzwert der Immobilien auf insgesamt 10.560 Gulden. Das gesamte Gut des verstorbenen Peter Rettig I. konnte von Schannenbach zum Preis von 14,050 Gulden erworben werden. Um dem Kreisamt die Genehmigung des Ankaufes zu erleichtern, stellte Bürgermeister Rettig II. in Aussicht, „dass zur Minderung der „hier obwaltenden Armuth“ von jedem Bürger Pachtgelände erworben werden könne, der Gemeinde entstünden keine Nachteile“. Er regte an, „die ganze Hofraithe für die Gemeinde zur späteren Einrichtung eines Schulhauses zu behalten… Das gegenwärtige Schulhaus ist für die Zukunft zu klein“. So kam Peter Rettig II., der ja auch schon das erste Schannenbacher Schulhaus gebaut hatte, seiner Idee, ein „den neuen Verhältnissen angepasstes, größeres Schulhaus zu errichten“, näher. Für Hermann Bauer war die dann folgende schnelle Bearbeitung der Genehmigung durch das Großherzogliche Ministerium außerordentlich erstaunlich und die Erlaubnis, die Immobilie zu erwerben, erfolgte umgehend durch das Kreisamt Lindenfels. Im Bergsträßer Anzeiger vom 26. April 1871 wurde die Versteigerung des jetzt der Gemeinde Schannenbach gehörende Hauses veröffentlicht. Beim ersten Termin, am 1. Mai 1871 erschien überhaupt kein Bieter und zwölf Tage später konnte kein annehmbares Gebot erzielt werden. Das passte dem Bürgermeister durchaus, wollte er doch in dem Wohnhaus die zukünftige Schule einrichten. Von diesem Vorhaben überzeugte das Gemeindeoberhaupt die Kreisverwaltung, die das Objekt umgehend besichtigte. Abgesehen von der nicht ganz hinreichenden Raumhöhe wurde nichts bemängelt. Weitere Fenster könnten ohne Probleme eingebaut werden, stellte der Vertreter des Kreisrates fest. Ferner sei noch genügend Platz für eine Lehrerwohnung. Angemerkt wurde von ihm noch, dass auch in der Knodener Schule eine Lehrerwohnung vorhanden sei. Der Unterricht werde alle zwei Jahre wechselnd in Knoden und in Schannenbach durchgeführt. Über das bisherige Schulgebäude in Schannenbach (Krehbergstraße 519) befand der Vertreter des Kreisrates (Hermann Bauer meint, dieser habe sich den Originaltext von Bürgermeister Rettig II. zu Eigen gemacht): „Das gegenwärtige Schullokal ist ein großes, helles Zimmer. Es hat jedoch den Nachteil, daß es außer dem Schulzimmer keine anderen Räume für die Schule besitzt. Das Schulzimmer wird direkt von der Straße aus betreten, was – besonders bei ungünstiger Witterung – sowohl für den Lehrer als auch für die Schüler manche Unannehmlichkeit hat“. Erneut verwunderte Bauer die Schnelligkeit der Bearbeitung durch die Behörden. Er mutmaßte, dass der Bürgermeister Druck gemacht habe, damit der Umbau bis zum 1. Januar 1872 zum turnusgemäßen Unterrichtswechsel von Knoden nach Schannenbach fertiggestellt werden konnte. In seiner Begründung für die Einrichtung der Schule in dem angekauften Gebäude führt der Bürgermeister noch einen auf dem Grundstück befindlichen Brunnen „mit gutem und gesundem Wasser“ an. Ferner habe das neue Haus einen schönen, großen Hof für die Kinder, was bisher nicht der Fall gewesen sei. Der Gemeinderat beschloss, das alte Schulhaus mit Ausnahme des Glockenstuhls und Glocke zu verkaufen. Am 29. Juli 1871 genehmigte die Kreisverwaltung den Verkauf des alten Schulgebäudes und die Einrichtung der Schule in dem neu angekauften Anwesen.

Für Bauer wiederum erstaunlich war, dass bereits am 2. August 1871 der Gemeindebauaufseher Eisenhauer die komplette Umbauplanung vorlegte mit einer exakten Kalkulation für erforderliche Arbeiten und Materialien. Die umfangreiche Liste von damals hat Bauer ebenfalls in seine Chronik aufgenommen. Die Gesamtsumme betrug 672 Gulden und 28 Kreuzer. Die in der Zeitung angekündigte Vergabe der Arbeiten erfolgte am 11. August im Gasthaus Knopf in Knoden, da Schannenbach keine entsprechende Lokalität besaß. Ebenfalls in Schannenbach nicht vorhanden waren geeignete Handwerker, so dass die Arbeiten ausnahmslos an Auswärtige vergeben werden mussten. Bauer wies darauf hin, dass wegen damals noch nicht vorhandener Motorfahrzeuge alle Materialien, Werkzeuge und Gerätschaften mit Fuhrwerken oder Handkarren herbeigeschafft werden mussten. Diesmal wurden die Kosten allerdings überschritten. Die Endabrechnung belief sich auf 836 Gulden und 25 Kreuzer. Trotz aller Schwierigkeiten konnte der Schulbetrieb im neu hergerichteten Haus im Januar 1872 aufgenommen werden.

Das Schulgebäude wurde ständig verbessert und „auf Kreisärztliche Anordnung erhöhte man die Zahl der „Abtritte“, so daß Jungen und Mädchen und natürlich auch der Lehrer ihr eigenes Klosett hatten, das gesamte Grundstück erhielt eine komplette Einfriedigung mit schönen steinernen Torpfeilern und einem eisernen Hoftor“. Auch das Glockentürmchen wurde an der Hofseite noch auf das Dach aufgesetzt.

Soweit war alles gut, wenn nicht im Januar 1886 turnusgemäß wieder die Knodener Schule hätte genutzt werden müssen. Lehrer Beyer bemängelte in einem Brief an die Großherzogliche Kreis-Schulkommission die für eine Familie zu kleine Lehrerwohnung in Knoden. Daher bat er, die Wohnung im Schannenbacher Schulhaus zur ständigen Lehrerwohnung zu erklären. Allerdings führte das zu einem Streit zwischen Schannenbach und Knoden, da Knoden die Miete für die nächsten zwei Jahre der Schannenbacher Wohnung hätte zahlen sollen. Dieser Streit dauerte viele Jahre. Erst 1874 brachte das Kreisamt einen Vorschlag in Erinnerung, die Schulhäuser in Knoden und Schannenbach zu verkaufen, da sie den gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr entsprachen. Dafür sollte zwischen den beiden Dörfern ein neues Schulhaus errichtet werden. Ein namhafter Betrag aus der Staatskasse wurde in Aussicht gestellt. Allerdings waren die beiden Gemeinde wegen der Mietzahlungen so zerstritten, dass ein gemeinsamer Schulneubau rundweg abgelehnt wurde. Die Idee einer gemeinsamen Schule wurde erst mit dem Bau des Dorfgemeinschaftshauses 1957 verwirklicht. (wird fortgesetzt) koe